KOLUMNE

Wein ist die Wahrheit

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Das kommunikative Klima der Welt befindet sich in einem kritischen Zustand. Menschenhass ist salonfähig, Verachtung en vogue und Stammtischparolen gehen mit einer Nonchalance über die Lippen, als wären sie Glückskekssprüche.
Politische Debatten werden auf den ohnehin schwachen Rücken derer ausgetragen, die in ein Leben hineingeboren wurden, die sie sich nicht ausgesucht haben. Hardcore-Populismus gehört zum guten Ton. Hass und Hetze gehen Hand in Hand. Überall auf der Welt dicke Luft und dünnes Eis. Es wird nicht mehr diskutiert, es wird demontiert. Mit dem Finger gezeigt. In der Vergangenheit gewühlt. Nach einem Feindbild gesucht, das vor den Karren gespannt werden kann. Anstatt eigene Ideen und Gedanken zu präsentieren, wird munter auf den Plänen der anderen herumgehackt – ganz gleich, ob konkreter Lösungsansatz oder traumtänzerische Zukunftsvision.
Das mag auf den ersten Blick vielleicht abstrakt klingen, doch genau dort, wo die Politik kläglich scheitert, gelingt es Winzerinnen und Winzern eine durchaus komplexe, ideologisch motivierte Weltanschauung rigoros kompakt und auf engstem Raum verzehrfreudig zu servieren.
So mancher Wein hat mehr Aussage als das ein oder andere Wahlprogramm.
Wein ist Weltsprache. Kommunikatives Kulturgut. Philosophisches Abziehbild eines geistigen Standpunkts, der teils in biodynamischer Bewirtschaftung und hochindividuellen Vinifikationsphilosophien mündet. Wein offenbart eine Ideologie, ohne mit Schaum vor dem Mund zu schreien. Wein präsentiert landwirtschaftliche Ansätze fernab politischer Hetze. Weltanschauung und Philosophie ohne erhobenen Zeigefinger. Ja, so mancher Wein hat mehr Aussage als das ein oder andere Wahlprogramm.
In einer Welt, in der sich nicht mehr zugehört wird, glaube ich an Winzerinnen und Winzer, die lauter denken, als Populisten jemals schreien können. An Winzerinnen und Winzer, die nachhaltige Ansätze präsentieren. Ganz gleich, was irgendein Wirtschaftsminister im Plenum Richtung Ozonloch blökt. Wein zelebriert Biodiversität und Artenvielfalt. Ohne Feindbilder und Sündenböcke. Pilzresistente Rebsorten als Antwort auf den Klimawandel. Das Liter-Format als nachhaltiges Konzept. Maischekuchen, die als Naturdünger oder Tresterbrand ein zweites Leben finden. Kunterbunt florierende Weingärten als Kontrast zu den braunen Sümpfen der Welt.
Wo Grenzübergänge geschlossen werden sollen, öffnet Wein wieder die Welt und gibt Zugang zu fremdem Terroir. Zu fremden Böden und fremdem Klima. Fremden Rebsorten und fremden Menschen. Fremden Philosophien, fremden Bräuchen und fremden Traditionen. Ohne Hass. Ohne Hetze. Wein kommt in Liebe. Immer.
Milton Sidney Curtis, der Wein-Influencer und freie Autor bewegt mit Wortwitz, Biss und Charme schreibend die Weinwelt. Ob feine Tropfen kleiner Weingüter oder Markenweine von Global Playern: Sidney probiert, rezensiert und polarisiert. Ein selbsternannter „Silly Ass“ für alle, die Wein lieben!

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