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Weinwissen

Genuss ohne Promille? Der Alkoholfrei-Trend.

Bewusst und achtsam leben und konsumieren – diese Vorsätze prägen nicht nur bei vielen Menschen den Start ins neue Jahr, sondern beschreiben auch einen Wandel in der Weinbranche. Die Nachfrage nach alkoholfreiem und alkoholarmem Wein steigt kontinuierlich und das Angebot wächst. Hier erfährst du, was unter alkoholfreiem Wein zu verstehen ist, wie sich die Weinbranche auf diesen Trend einstellt und welche Zukunftsvisionen es gibt.

Wachsendes Interesse an alkoholfreien Alternativen

Im Folgenden geht es nicht um leichte Weine oder Methoden für achtsamen Weingenuss, sondern hier dreht sich alles um No-Alcohol-Angebote. Ganz wichtig: Wenn von alkoholfrei gesprochen wird, bedeutet das nicht komplett ohne Alkohol!
Laut europäischem Lebensmittelrecht darf Wein als "alkoholfrei" deklariert werden, wenn er maximal 0,5 Volumenprozent (% vol.) Alkohol enthält.
Alle gärfähige Flüssigkeiten, wie zum Beispiel auch Fruchtsäfte, enthalten ebenso geringfügigen Mengen Alkohol wie auch die alkoholfreien Weine.

Aber wir sollten zunächst ein paar Begriffe sortieren und einordnen, die im Zusammenhang mit No-Alcohol am Weinmarkt immer wieder auftauchen:

  • Alkoholfreier Wein: Enthält minimalste Restalkoholmengen (< 0,5 % vol.), die technisch nicht vermeidbar sind.
  • Entalkoholisierter Wein: Ursprünglich voll vergorener Wein, dem der Alkohol entzogen wurde, mit einem Restalkoholgehalt < 0,5 % vol.
  • Halal-zertifizierter Wein: Hier liegt der Restalkohol unter 0,05 % vol.

YOLO trifft NoLow – die Nachfrage steigt!

Vor allem die jüngere Generation trinkt insgesamt weniger alkoholische Getränke und ist sehr an Alternativen interessiert. Bei der Gen Z trifft der YOLO-Lebensstil („You only live once“) auf das „No/Low"-Prinzip. Einen bewussten Weingenuss fördern auch Initiativen wie „Drink Responsibly“, die von Produzenten und Händlern unterstützt werden. Außerdem wollen Menschen in Situationen, in denen sie keinen Alkohol trinken können oder möchten (z.B. beim Autofahren oder in der Schwangerschaft), nicht auf den Weingenuss verzichten. Der Grundsatz „Don’t Drink and Drive“ hat bereits seit längerem eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gefunden. Alkoholfreie Weine bieten eine attraktive Möglichkeit, trotzdem ein weinähnliches Getränk zu genießen. Diese gesellschaftlichen Trends spiegeln sich im steigenden Interesse der Konsumenten an den entsprechenden Wein-Angeboten.

Fakten zum Markt:

Deutschland / DACH
  • Zwischen 2020 und 2023 hat sich die Anzahl der Haushalte, die alkoholfreien Wein kaufen, mehr als verdoppelt.
  • In diesem Zeitraum stieg der Absatz von alkoholfreiem Wein um 158 %, während der Umsatz um 218 % zunahm.
  • Trotz dieses Wachstums bleibt der Anteil von alkoholfreiem Wein am gesamten Weinkonsum in Deutschland mit unter 1 % relativ gering. Bei Schaumweinen liegt der Anteil alkoholfreier Varianten jedoch bereits bei rund 7 % des gesamten Schaumweinkonsums.
Quelle: Deutsches Wein Institut (DWI) – Deutscher Wein Statistik 24/25
International
  • Der globale Markt für alkoholfreie Weine und Biere wird bis 2025 um 31 % wachsen.
  • Besonders populär: Nordamerika und Europa, die zusammen 75 % des Marktes ausmachen.
Quelle: IWSR (International Wine and Spirits Record) Drinks Market Analysis

Wie entsteht alkoholfreier Wein?

Die Herstellung alkoholfreier Weine ist technisch anspruchsvoll. Für Produzenten und Kunden ist dabei am wichtigsten, dass der typische Geschmack und Charakter des Weins so gut wie möglich erhalten bleibt.

Aktuell stehen drei Hauptverfahren zur Herstellung zur Verfügung:

Vakuumdestillation

  • Alkohol wird bei niedrigen Temperaturen (ca. 30 °C) schonend entzogen.
  • Das Verfahren schont Aromen und sorgt für ein natürliches Geschmacksprofil.
  • Besonders geeignet für Stillweine.

Schleuderkegelkolonne

  • Ein schrittweises Trennverfahren, das Alkohol und Aromen separiert.
  • Wird meist für hochwertige Produkte genutzt.
  • Der komplexe Prozess macht es kostenintensiver.

Umkehrosmose

  • Eine spezielle Membrantechnologie entfernt Alkohol durch Druck und Filterung.
  • Besonders geeignet für Bukettsorten wie Muskateller.
  • Erfordert eine hohe Qualität des Grundweins.
Zusätzlich gilt die Aromarückführung als eine der aufwändigsten Methoden. Dabei werden früh extrahierte Aromen, wie fruchtige Noten (z.B. Zitrus oder rote Beeren), dem Wein nach der Entalkoholisierung wieder hinzugefügt. Diese Methode erfordert spezielle Technologien und Fachkenntnisse und ist daher kostenintensiv. Sie garantiert jedoch ein Geschmackserlebnis, das dem Ursprungswein sehr nahekommt.

„Alkohol ist der wichtigste Geschmacksträger im Wein. Darum ist es die größte Herausforderung, den vollen Charakter des Ursprungsweins trotz des Alkoholentzugs zu bewahren. Das ist sehr anspruchsvoll, aber machbar – insbesondere durch Aromarückführung und die Wahl geeigneter Bukettsorten, die sich besonders gut für die Entalkoholisierung eignen.“

Christian Wulf, Experte für nicht-alkoholischen Wein

Weinfreunde zwischen Begeisterung und Kritik

Weinliebhaber, die bewusst genießen möchten, finden sich oft in einem Dilemma: Ohne Alkohol fehlt eben ein Teil des so geschätzten Geschmacks. Trotz wachsender Beliebtheit der alkoholfreien Weine gibt es daher auch einige kritische Stimmen. Für viele bleibt der Verlust von Alkohol als Geschmacksträger bei den Alternativen ein Ausschlusskriterium. Außerdem ist das Angebot an alkoholfreien Alternativen mittlerweile derart vielfältig, dass es den Interessierten oft schwerfällt herauszufinden, welcher alkoholfreie Wein den gesuchten „echten“ Genuss bietet. Die Qualität ist nicht immer ersichtlich, was verunsichern kann.

Besonders erfolgreich sind heute bereits entalkoholisierte Schaumweine. Der Grund: Kohlensäure sorgt für ein angenehmes Mundgefühl und Trinkfluss. Dadurch erinnern diese Alternativen stark an klassischen Sekt und finden damit Anklang bei einer breiten Zielgruppe.

Große Chancen für Produktion und Handel – aber auch Herausforderungen

Für die weitere Entwicklung des Markts ist der Preis ein entscheidender Faktor. Denn die alkoholfreien Angebote sind oft teurer in der Produktion, weil sich die kostenintensiven Entalkoholisierungverfahren natürlich auf den Preis auswirken. Die Konsumenten sind aber meistens nicht bereit, höhere Preise für ein Produkt zu zahlen, dass geschmacklich nicht an das „Original“ heranreicht. Händler, Produzenten und Winzer müssen das Angebot also noch weiterentwickeln und insgesamt attraktiver machen für die grundsätzlich interessierten Konsumenten.

„Durch ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein der jüngeren Generationen und eine gesamtgesellschaftliche Ausrichtung auf Nachhaltigkeit steigt die Nachfrage für alkoholfreien Wein. Für Winzer und Händler wird die Ergänzung des eigenen Angebots um alkoholfreie Alternativen auch wirtschaftlich immer attraktiver – vom Image-Faktor ganz zu schweigen."

Christian Wulf, Experte für nicht-alkoholischen Wein

Wohin geht die alkoholfreie Reise?

Die Zukunft alkoholfreier Weine ist vielversprechend. Vor allem die technologischen Fortschritte bei der Aromarückführung könnten qualitativ neue Maßstäbe setzen. Bereits heute zeigt die Marktentwicklung, dass alkoholfreie Weine keine Randerscheinung mehr sind:

  • Steigende Akzeptanz: Besonders bei jüngeren Zielgruppen und Autofahrern.
  • Produktdiversifizierung: Vom Stillwein über Schaumwein bis hin zu aromatisierten Alternativen.
  • Langfristige Chancen: Der Konsumrückgang von alkoholhaltigem Wein könnte durch alkoholfreie Produkte zumindest teilweise kompensiert werden.

Weinrechtliche Alternativen: Weinrechtliche Alternativen umfassen aromatisierte Traubensäfte und Verjus-Getränke. Diese Produkte bieten geschmackliche Vielfalt und sprechen Konsumenten an, die bewusste und kreative Alternativen suchen. Verjus, der aus unreifen Trauben gewonnen wird, zeichnet sich durch seine angenehme Säure aus und wird zunehmend als Grundlage für innovative alkoholfreie Getränke genutzt.

Auch wenn der Weg zu qualitativ gleichwertigen Alternativen noch etwas weiter ist, zeigt beispielsweise die erfolgreiche Entwicklung im Bereich alkoholfreies Bier, dass sich der lange Atem lohnt. Der Trend ist jetzt schon eindeutig: Alkoholfreie Weine finden in der Weinwelt zunehmend ihren festen Platz finden – als bewusste, moderne Genussoption für eine wachsende Zielgruppe.
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